Als Profi bin ich täglich daran mich zu verbessern
Urs Huber
Über Urs Huber
Urs, aufgewachsen im aargauischen Freiamt, entdeckte seine Leidenschaft für Mountainbiking eher zufällig. Was mit einem spontanen Rennen im Alter von 16 Jahren begann, führte zu einer beeindruckenden Karriere mit über 100 Siegen weltweit.
In diesem Interview teilt Urs Huber seine Reise vom elterlichen Bauernhof zu internationalen Rennstrecken und spricht über die Erfahrungen und Begegnungen, die ihn geprägt haben. Begleite uns auf eine inspirierende Reise durch die Karriere eines der erfolgreichsten Mountainbiker der Welt.
Interview mit Urs Huber
Wie viele Male bist du bereits beim Nationalpark Bike-Marathon gestartet?
Ich bin bereits 20-Mal beim Nationalpark Bike-Marathon gestartet, 3-mal auf der Jauer- und 17-mal auf der Vallader-Strecke. Nur die 1. Ausgabe im 2002 und anschliessend das Jahr 2017 (verletzt) habe ich verpasst.
Was ist deine Motivation und Bedeutung am Nationalpark Bike-Marathon mitzufahren?
Der Nationalpark Bike-Marathon ist fester Bestandteil meiner Saisonplanung. Die Strecke ist landschaftlich einfach unerreichbar (ja, auch ich werfe ab und zu einen Blick neben die Strecke und habe auch abseits des Rennwochenendes schon viele Tage in der Region verbracht). Der Event ist stets auf höchstem Niveau organisiert, die Atmosphäre ist sehr herzlich und man fühlt sich ab dem ersten Moment willkommen.
Welche Strecke reizt dich am meisten und wieso?
Für mich als Profi natürlich die Vallader-Strecke. Sie ist sehr abwechslungsreich und faszinierend. Der Start am frühen Morgen durch das Val S-charl hat jedes Jahr etwas Mystisches. Oft ist es auf dem Costainas und in der Abfahrt ins Val Müstair noch kühl und frisch, doch kurz darauf wärmt der Anstieg Richtung Val Mora wieder kräftig ein. Das Val Mora muss man einfach erlebt haben, genauso den Chaschauna. Der ist zwar ein kleineres Vergnügen, aber gehört einfach dazu und lässt einem danach die Fahrt zurück im Engadin umso mehr geniessen. Die Stimmung am Streckenrand in Guarda lässt die Strapazen endgültig vergessen. Die Zieleinfahrt ist der krönende Abschluss des Tages.
Welcher Abschnitt der oben genannten Strecke ist am herausforderndsten für dich?
Ganz klar der Anstieg auf den Chaschauna Pass. Der extrem steile Anstieg ist immer der Knackpunkt, den es zu überstehen gilt und vor dem ich grossen Respekt habe. Glücklicherweise konnte ich hier in den letzten Jahren oft eine Vorentscheidung im Kampf um den Sieg herbeiführen. Die Anfeuerungsrufe von den Fahrern der kürzeren Strecken, die ich hier überhole, motivieren mich jedes Jahr aufs Neue, noch etwas mehr auf die Zähne zu beissen.
Wie fühlt es sich an als erster der Strecke die Ziellinie zu überqueren?
Es ist ein Gefühl, das sich nicht mit Worten beschreiben lässt. Ich fühle mich sehr privilegiert und dankbar, dass ich auch nach so vielen Jahren immer noch vorne mitfahren kann.
Was macht den Nationalpark Bike-Marathon besonders für dich?
Mich faszinieren die landschaftliche Kulissen und Streckenführung sowie die Herzlichkeit des ganzen Nationalpark Bike-Marathon-Teams. Und nach so vielen Teilnahmen macht es natürlich auch all das, was ich hier schon erlebt habe, immer wieder speziell zurückzukommen.
Wie bereitest du dich für den Marathon vor? (Dehnen, Training im Winter und Sommer, Ernährung)
Als Profi bin ich täglich daran mich zu verbessern. Die Saison ist sehr vollgepackt mit Renneinsätzen. Darum ist eine spezifische Vorbereitung auf den Nationalpark Bike-Marathon für mich nicht möglich (und auch nicht nötig). Ich versuche mich einigermassen gesund und ausgewogen zu ernähren, zähle aber nicht jedes Körnchen. Im Training wie auch bei der Ernährung zählt für mich Spass und Genuss mehr als eine akribisch vorgegebene, einengende Struktur.
Wo trainierst du regelmässig, um den Nationalpark Bike-Marathon zu bewältigen?
Ich trainiere generell gerne in coupiertem oder bergigem Gelände. Das kann ich glücklicherweise bei mir zu Hause Richtung Zentralschweiz tagtäglich. Wenn es die Agenda zulässt, bin ich im Sommer auch immer gerne ein paar Tage im Engadin unterwegs.
Was würdest du Anfänger*innen und Amateur*innen bezüglich dem Nationalpark Bike-Marathon empfehlen?
Es hilft auf jeden Fall, wenn man die Strecke vor der ersten Teilnahme einmal abfährt. So kann man vor dem Rennen besser einschätzen, was auf einem zukommt. Die Strecke vom Nationalpark Bike-Marathon eignet sich bestens dazu und die zahlreichen Logiermöglichkeiten entlang der Strecke lassen die Strapazen, falls gewünscht, auf mehrere Tage verteilen. Im Rennen selbst ist es dann wichtig die Kräfte so einzuteilen, dass auch nach dem Chaschauna noch etwas Energie übrig ist. Die letzten 47 Kilometer dürfen nicht unterschätzt werden! Bis dahin sollte man bestenfalls ein paar Freunde gefunden haben, um sich auf den letzten Höhenmetern gegenseitig motivieren zu können.
Welches Bike besitzt du? Denkst du es macht einen Unterschied, welches Bike man besitzt? Falls ja,wieso?
Für den Nationalpark Bike-Marathon empfehle ich ein Hardtail. Dies vereinfacht die vielen langen Anstiege und die flowigen Abfahrten lassen das Fully nicht vermissen. Idealerweise ist natürlich ein Bulls Bike;)
Wie vereinst du Berufsleben mit deinem Training?
Ich habe das grosse Glück, dass ich vor 17 Jahren mein Hobby zum Beruf machen konnte und mit dem Sport mein Geld verdienen darf.
Hast du Freunde oder Familie, welche dich beim Training begleiten und dich beim Rennen unterstützen?
Das Training absolviere ich grösstenteils allein. An den Rennen sind aber oft Leute aus meiner Familie dabei. Wenn ich irgendwo unterwegs bin, verfolgt mich mein Fanclub entweder vor Ort oder im WhatsApp-Chat. Speziell zu Beginn meiner Karriere hätte ich es ohne den Support meiner Familie nie so weit gebracht, heute dieses Interview geben zu dürfen.
Und hier noch zwei Anekdoten:
2011 vor der SM am Nationalpark Bike-Marathon realisierte ich am späten Freitagabend, dass ich ein Problem habe. Es war ein Wintereinbruch prognostiziert, aber ich hatte keinen warmen Handschuh dabei. Ein Telefon reichte und die Handschuhe waren organisiert. Zwar wurde es knapp, aber zwei Minuten vor dem Start kam ein Onkel von mir angerannt und brachte mir die rettenden Handschuhe von zu Hause. Der Rest ist bekannt und ich wurde in einem brutal harten Rennen Schweizer Meister.
Letztes Jahr entschloss sich ein über 70-jähriger Freund von mir kurzfristig, auf der Vallader- Strecke zu starten. Ich war bereits geduscht, als er mir ein Bild vom Chaschauna schickte. In Zernez konnte er bereits den Rennbericht auf meiner Website lesen. Er finishte als Letzter und wir witzeln noch heute, dass wir damit das ganze Feld in der Zange hatten.